FRAUEN und FRAGEN ⟨II⟩

von Amina Gusner

FRAUEN und FRAGEN ⟨I⟩  I   FRAUEN und FRAGEN ⟨III⟩

Ob ich mich noch als Frau fühle, werde ich gefragt. Ich bin erstaunt, Darüber habe ich nie nachgedacht. Ich klicke bei der Frage nach dem Geschlecht immer „weiblich“ an. Wenn was auszufüllen ist und ich nach der Anrede gefragt werde, klicke ich „Frau“ an. Also scheine ich mich wohl damit zu identifizieren. Doch ob ich mich weiblich fühle? Hm. Im Moment bin ich froh, wenn ich überhaupt was fühle. Also etwas anderes als Anspannung und „ich muss noch“.
Vielleicht muss ich mir einfach mehr Zeit zum fühlen nehmen und dann kann ich auch sagen, ob ich mich weiblich fühle. Dann überlege ich, wie fühlt sich weiblich fühlen an? Ist das ein schönes Gefühl? Oder ist das ein gehetztes Gefühl? Ist es so, wie ich mich gerade fühle? „Ich muss noch…“ oder so wie ich mich auch häufig fühle…unzulänglich, zu dick, zu faltig, zu irgendwas ? Ja, also wenn das weiblich fühlen ist, dann fühle ich mich auf jeden Fall weiblich.
Und wenn ich mich so umsehe, dann sehe ich jede Menge Frauen, die auch unzufrieden aussehen. Frauen, die schlecht gelaunt sind und noch mehr Frauen, besonders wenn sie in meinem Alter sind, Frauen, die einsam, verzweifelt, frustriert sind.
Also je länger ich darüber nachdenke, desto weiblicher fühle ich mich.


Kurze Zwischenfrage
Wie kann man sein Leben auf die Reihe kriegen, während man verzagt den eigenen Bauchnabel betrachtet?


SCHLAFLOS

Zwanzig Minuten schläft eine Giraffe am Tag. In dieser Zeit ist sie völlig wehrlos. So lese ich und verstehe endlich, wieso ich nicht schlafen kann.


Meine Uhr sagt mir, dass ich zu spät komme.
Immer kommst du zu spät, sagt die Uhr.

Ich versteh das nicht. Ich gehe immer pünktlich los und komme nie pünktlich an. Die Armbanduhr seufzt. Also an mir liegt es nicht, ich gehe sehr genau. Tick Tack. Immer weiter. Das stimmt. Es liegt an mir. Vielleicht müsste ich mich einfach weniger verlaufen. Wenn ich die Wege, die ich zu gehen habe, besser kennen würde, würde ich auch pünktlich ankommen. Aber ich verlaufe mich ständig. Ich habe keinen Orientierungssinn. Kein Navi in mir, kein Gefühl woher ich kam und wohin ich muss. Sieht alles gleich aus für mich. Fremd.
Meine Uhr glitzert silbern und packt mich schwer am Handgelenk. Sie sagt, also ich kann dir nur sagen, wann du zu gehen hast, wohin du gehst, kann ich nun wirklich nicht wissen.

Doch ich weiß es auch nicht so genau. Dafür weiß ich ganz genau wie spät es ist.


GEGENWIND

Da wo ich bin, ist immer Gegenwind.